Geleitwort zur Orgelweihe am 25. September 2009 St. Maria Köthen
Nun erstrahlt sie wieder, unsere Feith-Orgel aus dem Baujahr 1933. Und was noch viel wichtiger ist: Sie erklingt wieder so, wie sie einmal konzipiert war. Zu viel wurde in den vergangenen Jahrzehnten an ihr herumgedoktert. Register wurden entfernt, Pfeifen gekürzt, und der ungenügende bauliche Zustand der Kirche tat sein Übriges.
Jetzt kann sie wieder mithalten im Ensemble der Orgeln unserer Stadt. Dank zahlreicher, großzügiger Förderer und der sach- und fachkundigen Kompetenz der Orgelbaufirma Hüfken aus Halberstadt darf unsere Orgel mit ihren 1700 Pfeifen und 26 klingenden Registern im wahrsten Sinn des Wortes Auferstehung feiern und der Welt zeigen, was in ihr steckt.
Die Königin der Instrumente, die in der Vergangenheit zum Leidwesen unseres langjährigen Organisten und Chorleiters Herrn Konrad Kobitzki ein Aschenputteldasein fristen musste, thront nun wieder auf der Westempore unserer Kirche, um im Gottesdienst mit ihren Möglichkeiten der versammelten Gemeinde zu dienen, Gott zur h öchsten Ehre und den Menschen zur innigsten Freude.
So fügen wir unserer renovierten Kirche in Freude und Dankbarkeit ein weiteres Schmuckstück hinzu.
Ihr Pfarrer Armin Kensbock
Die Feith-Orgel in der Schloss- und Pfarrkirche St. Maria zu Köthen
Die Stadt Köthen besitzt wertvolle Instrumente, die als historische Denkmale der Orgelbaukunst zu gelten haben. Die bemerkenswerte Orgel in der Kath. Schloss- und Pfarrkirche St. Maria gehört zu diesen. Sie wurde 1933 von Anton Feith (Feith-Eggert) aus Paderborn erbaut.
Die Feith-Orgel ist nicht nur Klang-, sondern auch Architekturdenkmal. Sie besitzt kein geschlossenes Gehäuse, nicht einmal einen Prospekt als Schaufassade, der das Innere des Klangwerkes gegen den Raum dekorativ abgrenzt. Dem Betrachter bietet sich vielmehr der ungehinderte Blick in das Innere dieser Orgel: auf die frei im Raum stehenden Pfeifenreihen, die in betont schlichter, die Gliederung des klassizistischen Raumes eindrucksvoll aufnehmender und steigernder Anordnung das Innere der Kirche wesentlich prägen, ja sogar beherrschen. Die optische Freilegung des Orgelinneren, das Sichtbarmachen seiner Funktionsglieder, verbunden mit dem Verzicht auf jeder architektonische und dekorative Verkleidung, entspricht der starken Tendenz im damaligen Orgelbau zu einem Funktionalismus, wie er auch die zeitgenössische Architektur des Neuen Bauens prägte.
In der Mitte des Orgelgehäuses ist das Hauptwerk (I. Manual) auf einer Höhe von ca. 3 Metern positioniert. Die Windladen für das Pedal sind in C- und Cs-Seite geteilt und rechts und links vom Hauptwerk auf gleicher Ebene aufgestellt. Die beiden Hauptwerk- und Pedalzungen sind auf einer separaten Zungenlade an der Gebäuderückwand angeordnet. Zwischen dem Hauptwerk und der Zungenlade befindet sich ein schmaler Stimmgang. Ein breiter Stimmgang wurde im Jahr 2009 an der Rückseite der Orgel gebaut, da die gesamte Orgel 50 Zentimeter von der Wand abgerückt wurde. Im rechten Zwickelraum neben der Orgelempore befindet sich das Schwellwerk. Hauptwerk und Schwellwerk besitzen je einen separaten Magazinbalg. Das Pedal wird über das Hauptwerk mitversorgt.
1963 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Adam umgebaut. Die äußere Gestalt blieb dabei unangetastet, die klangliche Gestalt jedoch wurde durch Einbringung etlicher hoch liegender Register stark verändert.
Die jetzt durchgeführten Arbeiten hatten das Ziel, die originale Klanggestalt wiederherzustellen und das optische Erscheinungsbild der Orgel zu erhalten. Die Restaurierung des Instruments erfolgte durch die Halberstädter Orgelbaufirma Reinhard Hüfken nach den Prinzipien heutiger Orgeldenkmalpflege.
Angestrebt wurde die Wiederherstellung der ursprünglichen, höchst originellen Disposition, die durch die Umbaumaßnahme von 1963 ungünstig erstellt wurde. Noch vorhandene, aber ausgeladene Register wurden wieder eingebaut. Die verlorenen Register sind nach dem Vorbild vergleichbarer Instrumente der Werkstatt Anton Feith-Eggert rekonstruiert worden.
In der klanglichen Konzeption orientiert sich die Orgel an den Vorstellungen der Spätromantik: die Register geben im Einzelnen fein timbrierte Klangfarben, ohne allzu stark gegeneinander zu kontrastieren. Im Pleno bzw. Tutti der orgel verbinden sich die Stimmen zu einem starken und voluminösen, ins dunkle tendierenden und sehr warmen Klang, der sich bei Nutzung aller Klangmittel in dem imposanten klassizistischen Raum zu angemessener Großartigkeit entfaltet.
Die Orgel vertritt in beispielhafter Weise die konservative Tendenz des damaligen katholischen Orgelbaus im Umkreis der „Orgelbewegung“ und verharrt bei der Klangvorstellung der Spätromantik. Die Rückbesinnung auf klangliche Eigenarten des barocken Orgelbaus, welche damals schon weitgehend den Orgelbau beherrschten, hat in der Disposition der Orgel von St. Maria nur ansatzweise Eingang gefunden.
Matthias Mück
Kathedralmusiker und Orgelsachverständiger des Bistums Magdeburg